Hamburg


„Du wunderschöner Alsterfluß …“

Ausgehend von den in den Vorbemerkungen geschilderten Überlegungen favorisiert der adfc-Henstedt-Ulzburg, wo die Alster entspringt, folgende Linienführung zwischen der Hamburger Innenstadt und Bad Bramstedt:

Auf der Veloroute 4 an der Alster entlang (Alsterufer, Harvestehuder Weg, Krugkoppelbrücke, Leinpfad, Bebelallee, Rathenaustraße) bis zur Sengelmannstraße, dann dieser nach Norden folgend (und keineswegs am Suhrenkamp nach rechts abbiegen!), bis zur Mega-Kreuzung Sengelmannstr / Alsterkrugchaussee / Zeppelinstr / Röntgenstr / Weg beim Jäger (roter Pfeil – kommt noch).

Diese Kreuzung ist der ursprünglich verabredete Startpunkt für den Radschnellweg und ergibt sich aus der Sperrwirkung des Flughafens, dessen Grenze gestrichelt eingezeichnet ist.

„Der Weg ist so schön, dass man eigentlich Eintritt dafür nehmen könnte.“

Stefan Weigel
(https://www.spiegel.de/psychologie/radfahren-warum-mich-fahrradfahrer-nerven-kolumne-a-0147d826-807f-44d9-9dfb-d3daace050b2)

Die 2014er-Linie

Der gemeinsame Vorschlag der Grünen aus Norderstedt und HH-Nord aus dem Jahr 2014

Ab der Kreuzung Alsterkrugchaussee/ Sengelmannstraße dem Radweg hinter einer Lärmschutzwand folgend durch stille Wohnstraßen und Grünzüge bis zur (künftigen) Fahrradstraße Hempberg in Norderstedt. Wir folgen damit einem gemeinsamen Vorschlag der Grünen von Norderstedt und Hamburg-Nord aus dem Jahre 2014.

„Die von den Grünen vorgeschlagene Strecke eignet sich besonders, da die Strecke mit Ausnahme von Krohnstieg und Tarpen keine größeren Straßen quert.“ – lt. Presseinformation der Grünen Fraktion HH-Nord v. 6. 2. 2014 (https://gruene-nord.de/service/bezirksfraktion/presse/expand/504909/nc/1/dn/1/).

Der große Vorteil dieser Strecke liegt ferner darin, dass sie mit geringen finanziellen Mitteln zeitnah als pop-up-Radweg realisiert werden kann.

Leider haben sich die Grünen von Norderstedt und HH-Nord inzwischen von ihrem ursprünglichen Vorschlag verabschiedet, weil es seinerzeit Widerstand in der Bevölkerung gab. Doch inzwischen ist die Tatsache der Erderhitzung in den meisten Köpfen angekommen.

(Eine sehr große Karte der 2014er Trasse findest Du hier: https://gruene-nord.de/userspace/HH/galnord/Bilder/Fraktion/antraege/140213_BV_AN_GRUENE_RadschnellwegVonAlsterdorfNachNorderstedt_Anlage_Karte_Kartengrundlage_c_OpenStreetMap_contributors_.pdf )

Die Strecke ist Teil der „Freizeitroute 12“, die man virtuell im Netz von Nord nach Süd im Zeiraffer abfahren kann: https://veloroute.hamburg/freizeitroute-12?bounds=9.987836%2C53.622606%2C10.031782%2C53.631666&pos=303359&video=8b859d67fa2d9cedcd5df2e305e426cf . Wem das zu schnell ist, kann die Einstellung der Geschwindigkeit ändern.

Radverkehr ist umwegsensibel

Umweg auf dem Radschnellweg Hamburg Bad Bramstedt
Der dünne schwarze Strich markiert die Luftlinie zwischen dem U-Bhf. Sengelmannstraße und der Maria-Magdalenen-Kirche in Bad Bramstedt,

Der Plan, den die Grünen derzeit verfolgen, beschreibt in HH zwei große Bögen.

1. Von der Ecke Sengelmannstr. / Rathenaustraße bis zum U-Bhf. Fuhlsbüttel-Nord sind es über die sog. „Vorzugsvariante“ (blau) 4,32 km.

Via RSW-Nord (rot) und Am Raakmoorgraben (braun) sind es lediglich 3,26 km.

Die Differenz beträgt 1,06 km = 32,5%.

Von der Kreuzung Langenhorner Chaussee / Am Raakmoorgraben zum Ochsenzollkreisel benötigt die (rote) „Vorzugsvariante“ 6,15 km. Obwohl der RSW-Nord (blau) den Kreisel gar nicht zum Ziel hat, sondern die Norderstedter Mitte ansteuert, kommt er mit 6,02 km aus.

Die Karte ist nicht mehr aktuell. Durch Beschluss der Bezirksversammlung HH-Nord wurde die Linie im März 2023 ab Hohe Liedt verändert. Sie verlässt dort jetzt den Bahndamm, kreuzt den Neuberger Weg und wird über die Fibigerstraße als Fahrradstraße bis an die Langenhorner Chausse geführt, der sie dann nach Norden folgt. Die Strecke verlängert sich dadurch um 100m.

Erst beim AKN-Bhf. Meeschensee (hellblaue Nadel) nähern sich die beiden Linien so weit aneinander an, dass man sie mit einander vergleichen kann. Die sog. „Vorzugsvariante“ benötigt 16,05 km, der RSW-Nord kommt mit 14,31 km aus.

Die Differenz beträgt 1,74 km = 12,2%.

Dieser Umweg wäre für die meisten Nutzer wohl noch hinnehmbar, wenn er dazu dienen würde die Strecke attraktiver zu machen. Aber das Gegenteil ist der Fall: die Erschließungsfunktion des RSW wird verschlechtert, der Radverkehr auf monotonen Strecken lautem Verkehrslärm ausgesetzt und über bekannte Unfallschwerpunkte geführt.

Safety first!

Quelle: https://www.hamburg.de/contentblob/16578190/9c4963c35d6b733c33003965d9b6f10e/data/download-radverkehrskonzept-auftakt.pdf

Die Karte zeigt die Dichte des Radverkehrs anhand der Trackingdaten beim Stadtradeln 2018-2021.

Man sieht, dass die 2014er-Linie die am stärksten befahrene Linie in Langenhorn ist, wenngleich die Linie auch nördlich des Krohnstieg (Ring 3) unterbrochen ist; dies kann eigentlich nur technische Ursachen haben.

Quelle: s.o.

Diese Karte zeigt die Unfalldichte mit Radverkehrsbeteiligung 2019-2021.

Während sich auf den kaum befahrenen Routen entlang der Langenhorner Chaussee und der Tangstedter Landstraße die Unfälle häufen, ist das Unfallgeschehen auf der vielbefahrenen 2014er-Linie deutlich geringer.

Quell- und Zielverkehre

Auch wenn es sich nicht so anfühlt, so ist die Gegende rechts und links der 2014er-Linie doch zum Teil sehr dicht besiedelt.

Zugleich ist die Gegend zwischen dem Flughafen und der Langenhorner Chaussee relativ schlecht an den ÖPNV angebunden. So benötigt man z.B. vom Grellkamp 50 zum Polizeipräsidium in der City-Nord mit dem Auto 10 Min., mit dem Rad 22 Min. und mit Öffis 41 Minuten.

Quelle: https://www.hamburg.de/contentblob/4578846/c16274b6bc0d98d78b0a267ceb5e6e42/data/radverkehrskonzept-bezirksamtsbereich-hamburg-nord-2-1.pdf

Das Ziel war im Weg

Geradezu grotesk schlängelt sich die sog. „Vorzugsvariante“ im weiten Bogen um die großen Gewerbegebiete (A) herum.

Erdbewegungen: über 2.000 LKW-Fahrten!

Rampen:LängeBreiteHöheVolumen Kosten
L x B x H/2
HH-KP031Struckholt, Spindel + Tunnel, Höhe geschätzt160583.2004.250.000
HH-KP029nördl. Brombeerweg, Schieberampek.A.0175.800
HH-KP027asüdl. Hummelb. Landstr11045,51.210724.000
HH-KP025bnördl. Hummelsb. Kirchenweg180493.240750.000
HH-KP023Kielstück040026.000
HH-KP021bsüdl. Höpen, abgewinkelt17048,52.890782.000
HH-KP017anördl. Wördenmoorweg17048,52.890729.000
HH-KP015bLaukamp11045,51.210485.000
HH-KP013bHohe Liedt10045,51.100485.000
HH-KP011bsüdl. Kiwittsmoor11045,51.210485.000
HH-KP008bFoßberger Moor9044,5810751.000
17.7609.642.800
Streckenverbreiterungen auf 4m:L x B x H
HH-A014Immenhöven – Hohe Liedt (B=2,8-3,5m)86015,54.7305.426.000
HH-A012Hohe Liedt – Kiwittsmoor (B=2,6-3,3m)62015,53.4104.720.400
HH-A010Kiwittsmoor – Foßberger Moor (B=2,7-3,3m)450152.2503.209.000
193010.39013.355.400
Strecken10.390
Rampen17.760
Summe28.150
spez. Gewicht1,8 t/m³28.150
Nutzlast LKW25 t50.670t
2.027LKW-Fahrten
Quelle: Machbarkeitsstudie Radschnellweg Bad Bramstedt – Hamburg (https://metropolregion.hamburg.de/contentblob/15307130/4260d75c749495c021372af5423e8abd/data/steckbriefe-bad-bramstedt.pdf) und eigene Berechnungen – Da die Bezirksversammlung HH-Nord die Linie ab Hohe Liedt verändert hat, sind obige Berechnungen inzwischen obsolet. Ob die Linienänderung eine Reaktion auf diese Berechnung ist entzieht sich unserer Kenntnis.

Völliger Bahnsinn

Quelle: Potentialanalyse für Radschnellwege (https://metropolregion.hamburg.de/contentblob/8170294/cd25316d7523d914cf3dae3c9b8d1603/data/projektbericht-radschnellwege.pdf)

Normalerweise erleben wir eine U- oder S-Bahn in einem beleuchteten Bahnhof und stehen dabei auf einem erhöhten Bahnsteig und der Zug fährt langsam. Begegnen wir einem Zug auf einem Radweg sind unsere Augen ungefähr auf der Höhe seiner Scheinwerfer und er ist auch nicht langsam, er ist schneller als ein LKW im Stadtverkehr und er ist erheblich länger. Daher ist ein Radweg unmittelbar neben einem Gleis mit regem Zugverkehr nicht unbedingt die 1. Wahl.

Der Grund, weshalb wir im weiteren Verlauf des RSW nach Norden für eine Linie neben der U1/AKN plädieren, liegt daran, dass der Radweg dort stets einen ausreichenden Abstand zum Gleis einhält, eine gerade, d.h. kurze Linie in die richtige Richtung bietet, der Weg mittig auf der Siedlungsachse liegt und er heute bereits viel genutzt wird; selbst im Winter sind es im Schnitt über 600 Räder täglich.

Summe der HH-Planungsfehler

  • nicht dort geplant wo die größte Nachfrage besteht
  • umweghaft
  • Belästigung durch U-Bahnen alle 2,5 Minuten (Lärm, Wind, Blendung)
  • extreme Unfallgefahr am Knotenpunkt Hohe Liedt (HH-KP013b)
  • Mischverkehr im Stockflethweg auf 830 m Länge mit 3.000 KfZ/Tag
  • Führung über den Unfallschwerpunkt Langenhorner Ch. + Ochsenzollkreisel
  • im weiteren Verlauf geht’s an Norderstedt vorbei
  • das Hauptproblem, die Querung der Langenhorner Chaussee nicht gelöst
  • hunderte Bäume müssen gefällt werden
  • klimaschädlich (viele Erdbewegungen erforderlich)
  • extrem teuer
  • lange Bauzeit (Fertigstellung gepl. 2030, bestenfalls 2028)

Als Veloroute gerade noch ok

Die Linie entlang der U1 macht für den RV aus Barmbek, Wandsbek etc. durchaus Sinn, wenn man von den letzten 1.930 m zum Schnäppchenpreis von 13.355.400 Euro absieht; da hätten wir noch einen kleinen Verbesserungsvorschlag, siehe Landesgrenze. Was indes keinen Sinn macht, ist der Versuch auf einer 2,60 – 3,50 m breiten Trasse auf Krawall einen 4 m breiten Radweg zu realisieren. Warum sogar die Zufahrten 4 m breit sein müssen leuchtet ebenfalls nicht ein. Als abgespeckte Veloroute und als Zubringer zu einem RSW, der Hamburg mit dem nördlichen Umland verbindet, wäre die Route insbes. für den Freizeitverkehr ok, doch der Versuch, den RV aus Eppendorf und Altona über einen gewaltigen Umweg auf diese Trasse lenken zu wollen, macht sprachlos.

An der Alster, an der Elbe, an de Bill …

Noch favorisieren die Grünen den Bau des RSW neben der U1 für stolze 5,3 Mio. € pro Kilometer!

… dor kann jeder eener moken wat he will“ *), aber ob das immer sinnvoll ist, ob man damit den Klimawandel aufhalten oder gar die Wahlen zur Bezirksversammlung im Mai 2024 gewinnen kann, darf bezweifelt werden. Hamburg beabsichtigt insges. 60 km Radschnellweg auch ohne Bundesmittel zu bauen. Das bedeutet, dass wir Gefahr laufen, dass Hamburg seinen Plan in jedem Fall durchzieht und den überörtlichen Radverkehr an einer Stelle an das Land Schleswig-Holstein übergibt, die dafür denkbar ungeeignet ist.

*) Text: Artur Schulenburg, 1930, rockige Interpretation von Jan Fedder & Big Balls: https://www.youtube.com/watch?v=-x0irjaZlCQ <<< TIPP!

Statt dem Verlauf der U1 konsequent bis zur Landesgrenze zu folgen und die meistbefahrene Straße weit und breit, die Langenhorner Chaussee mit 30.000 Kfz/Tag, zu tunneln, windet sich Hamburg auf den letzten Metern im Zickzack um die Lösung eines real-existierenden Problems herum. Dies passiert – nomen est omen – ausgerechnet an der Stockflethstraße!

Die Situation an der Landesgrenze bedarf einer genaueren Betrachtung.